τ Franziskanisches


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Wie der hl. Franziskus den bösen Wolf zähmte

Die Legende von der Begegnung des Heiligen Franziskus mit dem Wolf von Gubbio kann im Internet gefunden werden. Sie stammt aus den „Fioretti“, Kap. 21, eine Legendsammlung aus dem Ende des 13. Jhdts.

 

Der Text kann aus drei Perspektiven betrachtet werden: Franziskus, Stadtbewohner und Wolf.

 

Wie geht der Heilige Franziskus vor?

Schritt 1

Der Heilige ist ein Nicht-Sesshafter. Er ist unterwegs. In der Stadt Gubbio hört er den Menschen zu und nimmt Anteil ihren Sorgen. Er zieht nicht weiter, er hält keine Reden, sondern er wird handeln. Er wird konkret, indem er sich auf den Weg zum Wolf macht. Er schließt sich nicht der allgemeinen angstvollen Stimmung an, sondern in seinem ihm eigenen, tiefen Gottvertrauen macht er sich auf, um dem „riesengroßen, schrecklichen und wilden Wolf“ zu begegnen. Gewaltfrei. Dazu gehört Mut! Immer, denn der Ausgang ist ungewiss und in den Augen der Ängstlichen setzt Franziskus damit sein Leben aufs Spiel.

Franziskus ist angstfrei. Als der Wolf ihm seine Zähne zeigt, „schlug der Heilige das Kreuzzeichen über ihn“.  Franziskus ist ein Meister der Gesten.


Schritt 2

Dann ruft er ihn näher zu sich heran und erteilt ihm einen Befehl: „… ich befehle dir im Namen Christi, dass du weder mir noch sonst jemandem etwas zuleide tust.“

Er befiehlt im Namen Jesu. Das ist seine „Waffe“, seine Stärke. Und sie wirkt. Der Wolf wird zum Lamm.

Im Namen Christi….Das ist das Lebensmotto des Franziskus.

 

Schritt 3

Franziskus eröffnet das Gespräch mit sehr kritischen Worten. Er hält dem Wolf einen Spiegel vor, bringt grausame Tatsachen auf den Tisch. Das Tier hat nicht nur andere Tiere getötet, sondern auch Menschen, die Ebenbilder Gottes.

 Franziskus beschönigt das Fehlverhalten des Wolfes nicht. Das darf er, denn durch die Anrede „Bruder“ stellt er sich mit ihm auf eine Stufe. Franziskus ist ihm „minderer Bruder“. Er begibt sich auf das Niveau des Tieres. Das bedeutet „Augenhöhe für den Wolf“.

 

Schritt 4

Erst jetzt redet Franziskus von seinem Plan. Er will zwischen Mensch und Wolf Frieden stiften und bittet um das „gegnerische“ Einverständnis zu seinem Vorhaben, das ihm der Wolf gibt. Das ist ein wesentlicher Schritt auf dem Weg der Versöhnung. Beide „Streitparteien“ brauchen die Bereitschaft, sich gemeinsam um eine Lösung zu bemühen.

 

Schritt 5

Franziskus sucht nach den Beweggründen des Wolfes. Es ist vor allem der Hunger, der ihn treibt Böses zu tun. Und da verspricht ihm der Heilige, diesen Mangel abzuschaffen, indem die Menschen der Gegend ihn versorgen. Dafür muss der Wolf versprechen, weder Menschen noch Tiere weiter zu töten.

 

Schritt 6

Franziskus gibt ein Versprechen ab: Kein Hungern mehr für den Wolf.

 

Schritt 7

Er hält auch den Menschen der Stadt einen Spiegel vor und mahnt sie zur Umkehr in ihrem Verhalten:

„Wendet euch Gott zu, geliebte Brüder, und tut gerechte Buße für eure Sünden und Gott wird euch befreien von dem Wolf im jetzigen und von dem Feuer der Hölle im ewigen Leben.“

Franziskus ruft zur Umkehr auf.

 An diesen Worten ist deutlich zu merken, dass Franziskus ein „Kind“ des Mittelalters war. Er droht mit der Hölle. Mit dieser Droh-Botschaft tun wir uns heute schwer. Vielleicht ist sie leichter zu verstehen, wenn wir den Blickwinkel von Opfern, Unterdrückten, Zukurzgekommenen einnehmen. Dann hoffen wir auf einen gerechten Gott. Leiden und Ungerechtigkeiten werden in ihm aufgehoben sein. Gut und Böse sind ihm nicht gleichgültig. Gott kann strafen - aber nicht unendlich - und zum Heil, zur Versöhnung aller, denn Gott ist die Liebe. 

Buße tun, was Umkehr bedeutet, verlegt den Wolf ins Innere. Dazu:

Alle Menschen haben Schattenseiten.

Alle Menschen tragen Dunkelheiten in sich, die sie nicht mögen (wie Neid, Faulheit, Geiz, Angeberei, Fremdenhass) und am liebsten werden sie verdrängt oder in die Wildnis geschickt. Dort haust unserer innerer Wolf. Aber er bleibt auch dort bedrohlich, birgt „Sprengstoff“. Wir können keinen Frieden in uns finden.

 Dieses Aufdecken der Schatten verdanken wir dem Schweizer Psychiater C.G. Jung (1875 - 1961). Wir lehnen Teile unserer Persönlichkeit ab oder leben sie nicht aus. Dabei wäre es viel gesünder, einen Kompromiss zwischen den ungeliebten und geliebten Facetten unserer Persönlichkeit zu finden. Stattdessen verleugnen wir diese Seiten, denn wir schämen uns für sie. Ja, mehr noch, wir schieben sie anderen zu. Ereifern uns gern über Fehler der anderen. Der berühmte Balken im eigenen Auge.

 Franziskus lädt uns ein, auf unseren Wolf zu hören. Unter dem Schutz des Kreuzes dürfen, können, müssen wir uns fragen:

Welche Seiten in und an mir mag ich nicht? Auf welchen seelischen Hunger, welchen Mangel wollen sie mich aufmerksam machen? Sie gehören zu mir (Bruder ist der Wolf auch in mir). Welche Sehnsüchte muss ich stillen, damit ich ihren Mangel nicht auf andere Menschen projiziere? Damit ich freier und glücklicher werden kann?

 

Schritt 7

Dann nimmt er den Bewohnern von Gubbio das Versprechen ab, für das leibliche Wohl des Tieres zu sorgen. Die Bewohner der Stadt füttern den Wolf und so leben alle friedlich miteinander.

Franziskus  hat den Wolf in die Gemeinschaft integriert.


Fazit

Wir können dieses Verhalten von Franziskus als eine „Anleitung zur Versöhnung“ interpretieren. 


                                                           Kristin Wolz

                                        

 

 

                                         

 

                                                   














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        © Herbert Wolz 2023